Wir haben im vorangegangenen Brief Nr.38 gesehen, dass sich Artin auf Anregung von Hasse mit Diskriminantenabschätzungen von Schiefkörpern beschäftigt hatte (vgl. 38.2). Zwar ging es damals nur um den Siegelschen Beweis; Artin wusste offenbar noch nicht, wozu Hasse diese Abschätzung benutzen wollte. Denn er fragte ja in seinem damaligen Brief: „Was können Sie denn aus diesem Satz folgern?“ Offenbar hat Hasse ihm daraufhin in der Antwort erläutert, dass er daraus das Lokal-Global Prinzip für Schiefkörper folgern möchte. Aber der Siegelsche Beweis hatte sich als nicht durchführbar erwiesen (das erwähnten wir schon in 38.2). Hasse suchte jetzt nach anderen Wegen zum Beweis seines Satzes.
Wir wissen, dass Hasse am 27.Juli 1931 einen ausführlichen Brief an Richard Brauer schrieb, in welchem er seinen neuen Ansatz erläuterte und Richard Brauer um seine Meinung dazu bat.137 Zur selben Zeit schrieb er auch an Emmy Noether einen entsprechenden Brief. Nach Hasses Gepflogenheiten ist es anzunehmen, dass er auch an Artin in dieser Sache geschrieben hatte. Dies ist der Hintergrund, wenn Artin jetzt schreibt, dass „Sie sicher schon diesen Satz über Schiefkörper bewiesen haben“.
Das war aber nicht der Fall. Der Ansatz, den Hasse an Brauer geschickt hatte und auch an Noether und Artin, ließ sich nicht ohne weiteres durchführen. Es dauerte noch bis zum 9.November 1931, bis Hasse der Durchbruch gelang, mit Hilfe von Ideen von Emmy Noether und Richard Brauer. Diese Geschichte ist in [Roq05b] ausführlich dargestellt; sie spiegelt sich auch in dem Briefwechsel Hasse-Noether [LR06] wider. Artin hat an dieser letzten Entwicklungsphase des Beweises, wie es scheint, nicht aktiv teilgenommen, vielleicht deshalb, weil er mit den neuen „Klassenkörperbeweisen“ beschäftigt war (siehe 39.2). Als er aber den Satz von Brauer-Hasse-Noether erfuhr, äußerte er sich ganz enthusiastisch zu Hasse; siehe den folgenden Brief Nr.40 vom November 1931.