Im vorangegangenem Brief Nr.38 vom 16.6.1931 haben wir gesehen, dass Artin die neue Entwicklung in der Klassenkörpertheorie faszinierte, und dass dabei nicht nur Herbrand und Chevalley, sondern auch er selbst einen Anteil hatte. Die Andeutungen, die er Hasse in dem vorangegangenen Brief dazu gegeben hatte, waren jedoch ziemlich kurz; er hat also jetzt seine damalige Skizze ausführlicher aufgeschrieben.
Artin hat aber diese seine „Klassenkörperbeweise“ niemals publiziert. Vielleicht deshalb, weil sie schließlich in die Thèse von Chevalley [Che33b] eingingen und dort noch weiter entwickelt wurden. Es wäre aus historischer Sicht sehr interessant, wenn das Original des Artinschen Manuskripts aufgefunden würde. Wie in diesem Brief angekündigt, hat er ein Exemplar wohl auch an Hasse geschickt. Im Hasse-Nachlass haben wir es aber nicht gefunden.
Es gibt jedoch andere Dokumente, aus denen sich der wesentliche Inhalt des erwähnten Artinschen Manuskripts rekonstruieren lässt. Das sind:
BEMERKUNG: Ernst Witt wohnte Artins Vorträgen in Göttingen als junger, noch nicht promovierter Student bei. Er berichtet in [Wit83]: dass ihn die Vorträge „tief beeindruckt“ haben, sodass er daraufhin beschloss, in den folgenden Semesterferien nach Hamburg zu Artin zu gehen, um dessen Klassenkörpertheorie genauer zu studieren. In den folgenden Jahren, so sagt er, „war es mein Ziel, diese Klassenkörpertheorie auf Funktionenkörper zu übertragen“. Er begann damit im Juli 1933 mit seiner später berühmt gewordenen Göttinger Dissertation zum Riemann-Rochschen Satz für Algebren.131