Lieber Herr Hasse!
Sie haben mir anscheinend den Ausdruck -Ge-ixe übel vermerkt. Ich wollte damit weiss Gott nichts gegen die -adik sagen von der ich sehr wohl weiss, dass sie für die Behandlung der Rez[iprozitäts]ges[etze] unentbehrlich ist. Mich ärgerte nur das und -Geixe bei Takagi an der Stelle der Normenreste, die dort auftretenden langwierigen und doch langweiligen Rechnungen mit Potenzsummen, das „Klettern“ auf höhere Exponenten und all die „schönen“ Dinge. Ich glaube, da sind Sie doch auch meiner Meinung. Dasselbe tritt dann bei den Geschlechtern nochmals auf. Was das -Ge-ixe bei der Ranguntersuchung betrifft, so beachten Sie bitte: Es ist nur ein „klein-“-Ge-ixe und nicht allzulang; bei weitem nicht so hässlich wie bei den Normenresten. Was dann die relativen Grundeinheiten betrifft101 , so kommt mein ganz besonderer Zorn auf sie daher, weil ich mich im Kolleg zweimal verheddert habe und erst nach dem dritten Mal alles einwandfrei erledigte. Mein besonderer Fluch gilt dem Symbol [], dessen besondere Tücken sich – natürlich – im Fall = 2 offenbaren. Wissen Sie wenigstens in diesem Fall ein einfaches Hilfsmittel? Man muss da schrecklich „klettern“.
Ich habe übrigens gestern und heute andauernd -ge-ixt. Ohne Erfolg. Ihre Bemerkungen zu im Fall n hatten mich gereizt.102 Mir war natürlich klar, dass die „gewöhnliche Definition“ bei = versagt, in der Arbeit103 bin ich deshalb nicht darauf eingegangen, weil dort (stillschweigend – denn bisher handhabte man meistens so) fremd zu m vorausgesetzt wurde. In meinem ersten oder zweiten Brief an Sie habe ich aber, glaube ich, den Fall = gestreift, hatte mir aber bis jetzt noch nicht überlegt, welche Zahl zu nehmen ist. Ihr Resultat und vor allem die schöne Formel für ist doch neu? Vielleicht ist es Ihnen aber doch nützlich, wenn auch vielleicht nicht neu, wenn ich Ihnen meine „Erfahrungen“ über schreibe. Ich habe nur den Fall 2 versucht. Denn wenn man da durchkommt, gelingt es sicher auch allgemein. Ich schreibe wie Sie: 1 = -te E[inheits]w[urzel]; 1 = 1 - 1.
Der von Ihnen angegebene Modul 21 für 2 primär ist es nun in dem Sinn: Wenn x2 (mod 21), so ist sicher 2 primär. Sie schreiben nun, der Modul 21 sei für ≠2 auch erforderlich. Ich kann dem nur den folgenden Sinn zuschreiben: Für keinen kleineren Modul folgt aus der angegebenen Kongruenz dass allgemein 2-primär ist. Ich glaube aber nicht, dass diese Kongruenz (bez. die zugehörige für den Primteiler – ich bleibe der Einfachheit halber bei 1) erforderlich ist.
Denn wenn x2 (mod 21), so ist doch insbesondere sicher -hyperprimär.104 Also zerfällt in k(), so dass durch diese Forderung sicher nicht der Fall erfasst wird, wo in k() unzerlegt bleibt. In der Überzeugung, dass dieser Fall zuerst untersucht werden muss, nahm ich ihn mir vor. Dann muss es eine Zahl x aus k geben, so dass x (mod 1) ist und eine Zahl y aus k(), so dass y (mod 1) ist.105 Das x kann man natürlich zu 1 normieren. Nicht aber y; denn das ist ja dem Körper k() entnommen. Deshalb kommt man – wenigstens ich – nicht auf den Modul 21 beim heruntersteigen, ich habe das herunterklettern überhaupt nicht fertig gebracht. Nach mehreren vergeblichen Versuchen liess ich es liegen.
Dann versuchte ich die „richtige Zahl“ zu finden und begann mit den ganz schlechten Ansätzen (wie ich hinterher merkte)
Hoffentlich können Sie etwas damit anfangen!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Artin
Ich danke Ihnen auch für die freundliche Übersendung der Arbeit von Tschebotareff. Sie liegt bei. Es war ja klar, dass das schon bekannt sein musste.108 Haben Sie eigentlich die Korrekturen bekommen?109 Ich frage nicht, weil ich Sie etwa mit Korrekturarbeiten belasten will, sondern weil ich Ihnen sonst noch ein Exemplar senden müsste. Bitte fassen Sie es aber nicht so auf, dass Sie sich bemühen. Ich bekomme demnächst die zweiten Korrekturen. Wollen Sie ein Exemplar?
Kommentare zum Brief Nr.14:
Mit dem Ausdruck „Ge-ixe“ bezieht sich Artin auf seinen Brief Nr.12 vom 29.7.1027. Dort spricht er allerdings von einem und Ge-ixe; er benutzt also hier andere Bezeichnungen.
Mit -Ge-ixe meint Artin offenbar das Rechnen mit -adischen Potenzreihenentwicklungen in Körpern, die die -ten Einheitswurzeln enthalten. Dabei ist = 1 - , unter eine primitive -te Einheitswurzel verstanden. (Das ist die u.a. bei Hasse und Artin gängige Bezeichnungsweise.) Im Körper der n-ten Einheitswurzeln wird dann entsprechend = 1 - n gesetzt. Offenbar ärgert sich Artin über die bei Takagi vorkommenden umständlichen Rechnungen mit und , beteuert aber, dass er grundsätzlich nicht gegen die -adik von Hensel eingestellt ist. In der Tat hatte Artin die Vorteile des Rechnens mit -adischen Potenzreihen von Hasse gelernt; vgl. Brief Nr.4, in dem Artin schreibt: „Ich mache langsam Fortschritte in -adik. Nun logarithmiere ich schon!“