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02.10.1929, Noether an Hasse



Inhalt:

N. antwortet auf H.s Frage nach dem Zusammenhang von hyperkomplexer Algebra und Klassenkörpertheorie. Erste Ansätze zur Kohomologie von Idealklassen. Allgemeiner Hauptgeschlechtssatz?


Göttingen, 2. 10. 29 Lieber Herr Hasse!

Da ich bei meiner Rückkehr1) erst Dedekind-Korrekturen2) erledigen mußte, komme ich erst heute zur Beantwortung Ihrer Karte. Vorerst - was ich über den Zusammenhang von hyperkomplexer Algebra und Klassenkörpertheorie3) weiß, ist sehr bescheiden und ganz formal; eigentlich nichts weiter als eine Deutung der Hilbertschen symbolischen Potenzierung, wofür ich allgemein den Gruppenring als Operatorenbereich setze. Zur Erläuterung will ich erst ein paar Tatsachen über den Gruppenring zusammenstellen, die sich zum Teil in der Zeitschriftarbeit finden (die § beziehen sich darauf).4)

1. Sind a1, ..., ah die Elemente einer endlichen Gruppe, so bezeichne ich mit o den zugehörigen ganzzahligen Gruppenring, also alle ganzrationalzahligen Verbindungen der als linear unabhängig zu betrachtenden a, mit den Gruppen-Multiplikationsregeln.

Mit S bezeichne ich das zugehörige hyperkomplexe System in bezug auf den Körper der rationalen Zahlen, also alle rationalzahligen linearen Verbindungen der a. Es wird also o Ordnung in S (nicht notwendig maximal, wie das Quaternionenbeispielzeigt; maximal bei zyklischen Gruppen von Primzahlgrad wird oe1 + oe2 (vgl.2.)). S wird ein Ring ohne Radikal, also vollständig reduzibel (§26), S soll der rationale Gruppenring heißen. (In der Arbeit steht für diesen die Bezeichnung o .)

2. Die irreduziblen Darstellungen der Gruppen und des rationalen Gruppenrings sind die gleichen (§20, Schluß); man erhält also alle durch direkte Summenzerlegung. Um die absolut irreduziblen zu erhalten, muß der Koeffizientenbereich von S algebraisch erweitert werden; man kann aber auch so vorgehen, daß man erst S zerlegt, und dann erst in den Komponenten die Koeffizienten-Erweiterung vornimmt. Bei der Zerlegung von S selbst spaltet sich die der identischen Darstellung entsprechende zweiseitige Komponente vom Rang eins ab; und auf diese direkte Summenzerlegung: S = Se1 + Se2, e1 + e2 = 1 (wo a1 = 1 gesetzt ist) und die Orthogonalitätsrelationen: e1e2 = e2e1 = 0 ; e12 = e1 ; e22 = e2 ; kommt es einstweilen überhaupt nur an. e1 und e2 liegen dabei im Zentrum von S.

3. Vermittelt Se1 die identische Darstellung, so ist e1 gegeben durch e1 = a1+...h+ah (Bemerkung von Levitzki), und daraus wird sich der Zusammenhang mit der Norm ergeben. Denn es kommt: ai . e1 = e1 . ai = e15), und folglich e12 = e1. Es gibt aber nur ein Idempotent, das die identische Abbildung vermittelt.

Die zweite Komponente Se2 wird gleich dem Differenzenideal

    (                 )
P =  (a2 - 1),...,(ah - 1)
(a1 gleich 1, also a1 - 1 = 0). Das folgt aus meinen allgemeinen Überlegungen über Differenzenideale, läßt sich aber natürlich auch direkt verifizieren, etwa so: Wegen der vollst[ändigen] Red[uzibilität] ist P direkter zweiseitiger Summand, der zweite Summand also zu S/P ring-isomorph, und außerdem eindeutig bestimmt; also gleich Se1, da hier alle Bedingungen erfüllt sind.

4. Geht man von S zu o über, so zeigt sich, daß beide Komponenten, Se1 und Se2, Erweiterungsideale von Idealen n und p aus o sind; denn beide besitzen Idealbasen aus o (etwa N = he1 und M = he2, die ja in S an Stelle von e1 und e2 treten können). Daraus6) folgt aber, daß die ursprünglichen Ideale n und p in o Verengungsideale von Se1 bezw. Se2, d.h. jeweils Durchschnitt von Se1 bzw. Se2 mit o sind (durch genauere Basisbetrachtung, und zwar ((a2- 1),...,(ah- 1)) in p und N in n). Also kommt in o: n = No, p = Mo. Dabei wird p auch gleich dem Differenzenideal ((a2 - 1),...,(ah - 1)) in o. Das Differenzenideal p in o wird also Hauptideal, mit der Basis M = he2; ebenso wird der “Differenzenquotient” (vergl. 5.) n Hauptideal mit der Basis N = he1 (h ist dabei die entsprechende Differente (N)ai-->1). Sie sehen, daß es sich um die ersten Überlegungen meines Prager Vortrags7) handelt, nur nichtkommutativ gefaßt.8)

5. Sucht man in S die Gesamtheit der Elemente, die durch e1 annulliert werden, so kommt P = Se2; wegen s = se1 + se2 für jedes s aus S und der Orthogonalität: e1e2 = 0; ei im Zentrum. Entsprechend besteht Se1 aus der Gesamtheit der durch e2 annullierten (Se1 = S : P).

Dagegen kann man in o nur schließen: wird ein Element t durch N annulliert, so kommt: ht in p; und alle Elemente aus p werden durch N annulliert wegen MN = 0 und ht = Mt + Nt. Dazu ist folgendes zu bemerken: die letzten ganz in o verlaufenden Überlegungen bleiben bestehen, wenn man in o von den ganzzahligen Koeffizienten zu den Restklassen nach irgend einer ganzen Zahl übergeht, wie es in den Anwendungen tatsächlich der Fall ist. (Will man das nicht, so folgt aus dem Annullieren durch N, bzw. M das durch e1, bzw. e2; daher in 4. die Bezeichnung Differenzenquotient). Mit einem Analogon zu h = M + N arbeiten Sie S. 271, 7.) in Ia)9); für die zyklische Gruppe hat p ja auch die Basis (s - 1): der Gruppenring o wird der Restklassenring nach sl - 1; bzw. sln - 1.

Die Anwendung auf die Klassenkörpertheorie denke ich mir nun so:

6. Es sei K Galoisscher Körper über k, und S, o die zur Galoisschen Gruppe von K/k gehörigen Gruppenringe. Es bedeute ferner J irgend eine Strahlklassengruppe in K, erklärt nach einem Idealmodul m aus k (oder allgemeiner nach einem invarianten Modul in K); also die Voraussetzungen von Ia, §19, nur daß K nicht Abelsch zu sein braucht. J besitzt o als Multiplikatorenbereich, wenn man der Bequemlichkeit halber J additiv schreibt (sonst als Exponentenbereich); wobei die Erklärungen die üblichen sind: sind A1, ..., At (das h habe ich leider, wie ich sehe, schon verbraucht) die Elemente von J, also die Strahlidealklassen in K, so bedeutet aiA die Anwendung der Substitution ai auf A; und (ai + aj)A bedeutet die Summe (oder genauer das Produkt) aiA + ajA. Der Strahl A1 selbst geht also bei der addit. Schreibweise in die Null über. In J ist ferner die Untergruppe R der rationalen Strahlklassen enthalten, d.h. derjenigen, in denen Ideale aus k liegen; zu R gehört der Strahl (die Null).

Nun läßt sich die Norm aller Klassen A, kurz die Norm von J, definieren als Multiplikation (bzw. Potenzierung) mit N = a1 + a2 + ... + ah, d.h. die Norm von J bedeutet die Multiplikation (bzw. Potenzierung) mit dem der identischen Darstellung entsprechenden Ideal des ganzzahligen Gruppenrings o. Wegen tJ = 0 (die t-te Potenz jeder Klasse wird die Einheit von J) ist dabei der absolute Multiplikatorenring (§1) - der Ring o mit Koeffizienten modulo t oder ein Restklassenring von diesem.

7. Da nach 5. gilt: MN = 0, wo M Basis des Differenzenideals p in o, so folgt sofort: die Norm von pJ - d.h. J hoch dem Differenzenideal - verschwindet, liegt im Strahl. Umgekehrt kann man aber nur schliessen: Ist NA = 0, so liegt hA in pJ; wegen hA = MA + NA; NA = 0; MA in pA in pJ; d.h. die h-te Potenz jeder Klasse des Hauptzahlstrahls liegt in J hoch Differenzenideal (man kann sich also auf den direkten Faktor von J beschränken, dessen Ordnungen zu h nicht prim sind). Daß man allgemein auch nicht mehr schließen kann, zeigen ja schon die Sätze über Einheitenhauptgeschlecht (Ia, §12, Satz 12).10)

Es entsteht nun die Frage: gilt allgemein ein Hauptgeschlechtssatz derart, daß es zu jedem passend gewählten m einen invarianten Teiler M gibt, sodaß in der aus J durch Komplexion nach M enstandenen Klassengruppe C gilt: aus NA = 0 (in C) folgt A in pC? Und hier, wo das Formale aufhört und das Arithmetische anfängt, weiß ich nichts mehr. Mir scheint aber, daß gerade hier Ihre neuen Untersuchungen eingreifen, die ja auch teilweise für beliebige K gelten, um zuerst einmal im Abelschen Fall und dann vielleicht allgemein etwas mehr als bisher zu verstehen. In den obigen formalen Sachen kann ja J irgend eine Abelsche Gruppe sein, die o gestattet, der Zusammenhang mit Idealklassen ist überhaupt noch nicht da.11)

8. Ein paar Bemerkungen über mögliche weitere Ansätze habe ich noch, die aber einstweilen noch reine Phantasie sind. Da im Abelschen Fall die Einheit der Klassengruppe in k, zu der K gehört, also die Idealgruppe H, durch Normbildung entsteht, entspricht sie also der identischen Darstellung von o (Multiplikation mit N). Nun ergeben die übrigen Darstellungen, die durch direkte Summenzerlegung von P = Se2 (bezw. p) nach Koeffizientenerweiterung entstehen, gerade die Charaktere; und die Gruppe der Charaktere (Gruppe der Zusammensetzung der Darstellungen) ist der ursprünglichen von K/k isomorph; sollten nicht die Zuordnungen zur Klassengruppe in K sich auch von hier aus führen lassen (neben der Artinschen Zuordnung oder auch als andere Deutung dieser) und im Zusammenhang mit Ihrem §8, I bringen lassen?12) Diese Zusammensetzung der Darstellungen existiert ja auch im Nichtkommutativen, und führt auf einen kommutativen Ring (Speiser, 1. Auflage: §45).13)

Und weiter halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß bei einem stärker arithmetischen Aufbau meine Prager Differentensätze hineinspielen: ich kann im Anschluß daran die Differente als ähnlich dem Führer einer Ordnung (im Dedekind Sinn) deuten, im erweiterten hyperkomplexen System der Hauptordnung. Die Summe der Komponenten, wo also d im Nenner ist, wird erst maximal.

Nun machen Sie mit diesen Phantasien, was Sie wollen:

Beste Grüße, Ihre Emmy Noether.
              

Anmerkungen zum Dokument vom 2.10.1929

1Gemeint ist die Rückkehr von der DMV-Tagung in Prag, die vom 16. bis 23. September 1929 stattfand. Auf dieser Tagung hatte Noether einen Vortrag mit dem Titel “Idealdifferentiationen und Differente” gehalten. Die in Aussicht gestellte ausführliche Publikation hat sie jedoch nicht mehr fertigstellen können. Der bereits fertige Teil erschien posthum in Noe:1950 . Hasse hatte auf der Prager Tagung einen allgemeinen Vortrag gehalten, der unter dem Titel “Die moderne algebraische Methode” publiziert wurde Has:1930b .

2Emmy Noether gab zusammen mit Robert Fricke und Øystein Ore die kommentierten Gesammelten Mathematischen Werke von Dedekind Ded:1932 heraus.

3Anscheinend hatte Hasse auf seiner Postkarte gefragt, was Noether über den Zusammenhang zwischen hyperkomplexer Algebra (also Algebrentheorie) und Klassenkörpertheorie wisse. Wie sich aus diesem Brief ergibt und wie auch Noether selbst bemerkt, war das in der Tat noch sehr bescheiden.

Es entsteht die Frage, wie denn Hasse dazu kam, Noether gerade jetzt diese Frage zu stellen. Nach Ausweis des Datums hatte Hasse seine Postkarte kurz nach der Prager DMV-Tagung geschrieben, wo er sich ja mit Noether getroffen hatte. Es ist demnach wahrscheinlich, dass Noether in einem Gespräch mit Hasse einige Ideen über Algebrentheorie im Zusammenhang mit Klassenkörpertheorie geäußert hatte, und dass Hasse nunmehr um weitere Details gebeten hatte. Dabei sind die folgenden Dinge in Betracht zu ziehen:

Erstens hatte Hasse schon im März 1929 (also 7 Monate vor diesem Brief) seine Arbeit Has:1930 dem Crelleschen Journal eingereicht, worin er seine Normenresttheorie als “Klassenkörpertheorie im Kleinen” deutet, wo er also die Entdeckung der lokalen Klassenkörpertheorie bekanntgibt. Mit ziemlicher Sicherheit war Noether darüber informiert, obwohl diese Arbeit zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Briefes noch nicht erschienen war. Es erscheint plausibel, dass Hasse in Prag darüber mit Noether gesprochen hat.

Zweitens hatte Hasse im Sommersemester 1929 (in dem Noether teilweise noch in Moskau war) ein Seminar über Algebrentheorie abgehalten. Wir wissen das aus einem (undatierten) Brief von Hasse an Kurt Hensel vom Sommersemester 1929, in dem er folgendes schrieb:

Den wissenschaftlichen Mittelpunkt dieses Semesters bildet ein Vortragsseminar über die Theorie der hyperkomplexen Zahlen, nach Dicksons Buch “Algebren u[nd] i[hre] Zahlentheorie, das Herr Jung, Herr Baer und ich gemeinsam veranstalten. Wir versprechen uns sehr viel von einem gründlichen Eindringen in diese schöne neue Theorie, die für die Weiterentwicklung der Arithmetik ganz sicher von ausschlaggebender Bedeutung sein wird.

Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Hasse sich zur Zeit gerade mit Klassenkörpertheorie beschäftigte (lokaler und globaler), entnehmen wir hieraus, dass ihn wahrscheinlich schon im Sommer 1929 der Zusammenhang zwischen Algebrentheorie und Klassenkörpertheorie interessiert hatte. Sicherlich hatte er auch darüber in Prag mit Noether gesprochen.

Drittens hat Noether im Wintersemester 1929/30 (also im Semester, das auf diesen Brief folgte) in ihrer Vorlesung auf einen möglichen Zusammenhang zwischen lokaler Klassenkörpertheorie und Algebrentheorie hingewiesen. Das steht am Schluss der Vorlesungsausarbeitung Noe:1983 , die damals von Deuring ausgearbeitet (allerdings erst posthum publiziert) wurde. Wir verweisen dazu auf den späteren Brief * vom 22. 11. 1931, in welchem Noether im Zusammenhang mit der lokalen Klassenkörpertheorie auf ihre Vorlesungsausarbeitung 1929/30 zu sprechen kommt.

Viertens zitiert Noether in ihrer o.g. Vorlesungsausarbeitung die Arbeit Has:1931 von Hasse, die zwar erst 1931 erschien und erst im Juni 1930 den Mathematischen Annalen zur Publikation eingereicht wurde. Noether muss also den Inhalt dieser Hasseschen Arbeit schon vor Fertigstellung gekannt haben. In der Arbeit bestimmt Hasse die Typen lokaler Schiefkörper. Vgl. dazu auch den Brief * vom 25. 6. 1930, der auf die von Hasse eingereichte Arbeit direkt Bezug nimmt und gleichzeitig auf den Zusammenhang mit der Klassenkörpertheorie.

In diesem Licht erscheint es in der Tat plausibel, dass Hasse und Noether in Prag über das Thema “Algebren und lokale Klassenkörpertheorie” gesprochen haben, und dass also der vorliegende Brief gedeutet werden kann als ein erstes Anzeichen für die Entwicklung der Ideen, die schließlich in der Hasseschen Arbeit Has:1933 ihren Höhepunkt fand, als es gelang, das Artinsche Reziprozitätsgesetz der Klassenkörpertheorie mit algebrentheoretischen Hilfsmitteln zu beweisen.

4Noether zitiert hier ihre eigene große Arbeit “Hyperkomplexe Größen und ihre Darstellungstheorie” Noe:1929 , die gerade erst erschienen war.

5Noether schreibt versehentlich ai . e1 = e1 . ai = ei .

6Das Wort “Daraus” ist im Original ausgestrichen.

7Noether bezieht sich hier auf ihren Vortrag auf der DMV-Jahrestagung in Prag im September 1929 über Differenten.

8Noether fügt hier eine Fußnote ein: “Hoffentlich können Sie 4. lesen; mit vereinfachten Beweisandeutungen geht es doch nicht! Das wird falsch!” Sie entschuldigt sich damit für die etwas unleserliche Darstellung in diesem Abschnitt, in dem sich ausgestrichene Texte und fast unleserliche Einfügungen häufen. Offenbar wollte sie zunächst nur eine vereinfachende Beweisandeutung schreiben und entschied sich dann doch, etwas genauer zu sein.

9Gemeint ist Abschnitt (7.), Seite 72 in Hasses Klassenkörperbericht Has:1927a , Teil Ia. Die Seitenangabe 271 bei Noether ist also durch 72 zu ersetzen. In diesem Abschnitt (7.) bei Hasse geht es um die Hilbertsche Verzweigungstheorie, und insbesondere die Wirkung der Zerlegungs- und Trägheitsgruppe auf die Primideale des Galoisschen Erweiterungskörpers.

10Gemeint ist der §12 von Teil Ia des Hasseschen Klassenkörperberichts Has:1927a . In dem von Noether zitierten Satz 12 wird die Ordnung der 1-Kohomologiegruppe der Einheiten eines Zahlkörpers berechnet, und es zeigt sich, dass diese nicht verschwindet.

11Für irgendeinen S-Modul J bedeuten die Ausführungen Noethers nichts anderes, als dass die erste Kohomologiegruppe H1(S, J) durch die Gruppenordnung annulliert wird. Es handelt sich also hier um die ersten Ansätze zu einer algebraischen Kohomologietheorie. In der speziellen von Noether beschriebenen Situation fragt sie nun, ob es einen (natürlichen) Faktormodul von J gibt, in dem die erste Kohomologie verschwindet. - Die Bezeichnung “Hauptgeschlechtssatz” benutzt Noether in ziemlich allgemeinem Sinn; es handelt sich dabei immer um das Verschwinden von eindimensionalen Kohomologiegruppen bezw. gewissen Untergruppen davon. Der Satz steht in engem Zusammenhang mit dem Lokal-Global-Prinzip für Algebren, welcher (in heutiger Terminologie) damit gleichbedeutend ist, dass die eindimensionale Kohomologie der Idelklassengruppe verschwindet. Noether hat ihre allgemeinen Ideen dazu später in ihrem Züricher Vortrag Noe:1932 erläutert, im Detail publiziert in den Mathematischen Annalen Noe:1933a . In dem vorliegenden Brief sehen wir den Anfang dieser Betrachtungen.

12Die “Artinsche Zuordnung” bedeutet die Zuordnung der unverzweigten Primideale p des Grundkörpers zu ihren Frobenius-Automorphismen der Galoisgruppe der Erweiterung. Im §8 von Teil I des Hasseschen Klassenkörperberichts Has:1926b wird der Satz von der arithmetischen Progression unter dem Aspekt der Klassenkörpertheorie behandelt.

13Das “Nichtkommutative” in diesem Zusammenhang besteht darin, dass die Galoisgruppe nicht kommutativ zu sein braucht; dies geht über die Klassenkörpertheorie hinaus, die sich ja nur auf abelsche Körpererweiterungen bezieht. - Mit “Speiser” meint Noether dessen Lehrbuch Spe:1927 über Gruppentheorie; die erste Auflage erschien 1922.