Es handelt sich um zwei verschiedene Korrekturen. Erstens, die Korrekturfahnen der Artinschen Führer-Arbeit [Art31], die im Crelleschen Journal erscheinen soll; diese Korrekturen gehen an Hasse als dem Herausgeber des Journals. Im vorangegangenen Brief Nr.34 haben wir gelesen, dass Hasse zum Manuskript zahlreiche Druckfehler moniert und Anregungen gegeben hatte (vgl. 34.1). Nun schickt Artin die korrigierte Version wieder zurück. Wir wissen nicht, welche Anregungen Hasse gegeben hatte; nur die eine, die Artin eben nicht befolgt hat, ist uns nach diesem Brief bekannt. Der Buchstabe k wird nämlich in [Art31] in zwei verschiedenen Bedeutungen benutzt: einmal als Summationsindex und das andere Mal zur Bezeichnung des Grundkörpers. Artin hält das für tolerierbar.
Zweitens, handelt es sich um die „anderen Korrekturen“, d.h. die Korrekturfahnen der Artinschen L-Funktionen-Arbeit [Art30], die in den Hamburger Abhandlungen erscheinen soll. Diese Korrekturen hatte Artin zusammen mit dem vorangegangenen Brief an Hasse geschickt und ihn um kritische inhaltliche Durchsicht gebeten. Insbesondere ging es Artin um ein Zitat, wo und wie die unendlichen Primstellen eines Zahlkörpers definiert worden sind.
Offenbar war aber Hasse nicht mit der Terminologie von Artin einverstanden, der als „Bewertung“ eines endlichen Erweiterungskörpers von eine „Abbildung auf gewöhnliche Zahlkörper“ definiert. Wie es scheint, hatte Hasse geschrieben, dass Artin den „richtigen Bewertungsbegriff“ einführen möge, so wie er damals benutzt wurde. Artin meint aber, dass es dazu zu spät sei, denn das würde eine grössere Änderung bei den Korrekturen bedeuten, die zu kostspielig geworden wäre. Die im Brief von Artin erwähnte Fußnote lautet:
Unter Bewertung hat man eigentlich die Zuordnung eines absoluten Betrages zu verstehen. Jede Abbildung auf einen Zahlkörper liefert dann eine solche, wobei konjugiert komplexe Abbildungen jetzt die gleiche Bewertung ergeben.
Wir wissen nicht, ob Hasse mit diesem Text zufrieden war. Wir haben zu bedenken, dass Artin sich mit der L-Reihen-Arbeit insbesondere auch an Analytiker wandte, die nicht unbedingt mit den damals gängigen Begriffen der algebraischen Zahlentheorie vertraut waren.
Als Zitat, wo die archimedischen Bewertungen als „unendliche Primstellen“ zuerst auftraten, führt Artin das Buch „Zahlentheorie“ von Hensel [Hen13] an. Dort aber wird nur der rationale Zahlkörper behandelt. Für beliebige Zahlkörper verweist Artin auf Hasses Arbeit [Has24a] über das Lokal-Global-Prinzip bei quadratischen Formen, sowie auch auf den Klassenkörperbericht Ia [Has27a]. Es ist evident, dass Artin diese Zitate wie gewünscht von Hasse erhalten hatte.
Wenn Artin schreibt, dass Hasse wohl der einzige sein werde, der die Arbeit liest, so ist dies wohl nicht als Bescheidenheit auszulegen, sondern als bewusstes Understatement. Aus dem vorangegangenen Briefwechsel können wir entnehmen, dass sich Artin sehr wohl über die Bedeutung seiner L-Reihenarbeit im Klaren war.