Im vorangegangenen Brief Nr.26 vom 10.9.1929 hatte Artin mitgeteilt, dass Hasses neue Begründung der Theorie des Normenrestsymbols und der lokalen Klassenkörpertheorie in einer Vorlesung von Herrn Petersson vorgetragen werde.
Hans Petersson war ein Schüler von Hecke in Hamburg, er hatte 1925 doktoriert und sich 1929 in Hamburg habilitiert. Hasse hatte Petersson sehr gut gekannt vom Hamburger Seminar, das Hasse regelmässig besuchte solange er in Kiel war. Vgl. [Fre77]. Wahrscheinlich handelte es sich jetzt um Peterssons erste Vorlesung. Die Tatsache, dass in dieser ersten Vorlesung Klassenkörpertheorie und Reziprozitätsgesetze behandelt wurden, lässt darauf schließen, dass dafür in Hamburg ein reges Interesse bestand. Durch die Tätigkeit von Artin, Blaschke, Hecke u.a. war Hamburg zu einem Anziehungspunkt für viele junge Mathematiker geworden.
Anscheinend hatte Hasse in Beantwortung des vorangegangenen Briefes an Artin einige Vorschläge zur Terminologie gemacht, die man in der Vorlesung benutzen könne. Deshalb bedankt sich Artin jetzt für diese Vorschläge und berichtet, dass sie Petersson in seiner Vorlesung verwenden wird.
Allerdings schreibt Petersson an Hasse in einem Brief vom 22.Juni 1929, dass er in seiner Vorlesung nicht so weit gekommen sei, wie er ursprünglich gedacht hatte:
„…man unterschätzt bei weitem die Zeit, die man braucht, um einen mathematischen Sachverhalt in extenso vorzutragen, wenn man dabei nicht unverständlich bleiben will. Es scheint nun Artin und mir, dass ich wohl kaum noch dazu kommen werde …Vielleicht setze ich die Vorlesung im Privatissima-Kreise noch in den August hinein fort, um so dazu zu kommen, das Reziprozitätsgesetz für die Normenreste in Ihrer verallgemeinerten Fassung vorzutragen.“
Hasse hatte auch angeboten, Petersson zur Kenntnisnahme die Korrekturenfahnen seiner Arbeit über das Normenrestsymbol zu senden. Dieser schreibt aber:
„…ich glaube, dass ich günstigstenfalls nicht so viel Zeit haben werde, diese Dinge so ausführlich zu erzählen, daß es nötig sein wird, Sie Ihrer kostbaren Korrekturen zu berauben.“
Übrigens: Wenn Artin den Namen von Petersson manchmal als „Petersohn“ schreibt, so ist das nicht unbedingt als Schreibfehler zu verstehen. Der Vater von Petersson hieß zunächst „Petersohn“ und hat sich erst später in „Petersson“ umbenannt. Es erscheint möglich, dass Artin davon wusste und beide Schreibweisen des Familiennamens kannte.
Gegen Ende der 1930er Jahre begann sich Hasse für die Arbeiten von Petersson näher zu interessieren. Damals arbeitete Hasse an Zetafunktionen für elliptische Kurven über , die später „Hasse-Weil-Zetafunktionen“ genannt wurden. Da diese einer Funktionalgleichung genügen, war Hasse an den Arbeiten von Petersson interessiert, die sich mit der Konstruktion von Lösungen von Riemannschen Funktionalgleichungen befassten.