Im Brief Nr.1 entschuldigt sich Artin als erstes für seine verspätete Antwort. Also gab es vorher einen Brief von Hasse an Artin. Aber die Art von Artins Antwort lässt vermuten, dass es sich nicht um einen ersten Informationsaustausch handelt. Vielmehr gewinnen wir den Eindruck, dass ein intensiver Meinungsaustausch vorangegangen war, und dass dieser Brief, zusammen mit den folgenden 4 Briefen der nächsten Tage, nur die Fortsetzung einer Diskussion ist, die schon vorher begonnen hatte.
Wie bereits in der „Introduction“ erwähnt, war Hasse am 1.März
1923, also etwa vier Monate vor dem Brief Nr.1, zu einem Vortrag im
Hamburger Kolloquium eingeladen. Hasses Vortragsthema in Hamburg
waren die expliziten Reziprozitätsgesetze für einen Primzahlexponenten .
Wir wissen das aus einem Brief, den Hasse noch am Vorabend seiner
Abreise nach Hamburg, also am 28.Februar 1923, an Hensel nach Marburg
schrieb:
Eben vor meiner Abreise noch die erfreuliche Mitteilung, daß
das Reziprozitätsgesetz für -te Potenzreste sich ebenso schön
erweitern läßt, wie ich es Ihnen neulich für die quadratischen
Reste schrieb. Näheres bald mündlich …Morgen trage ich in
Hamburg meine Resultate über die Reziprozitätsgesetze vor.
In den ersten fünf Briefen der Artin–Hasse-Korrespondenz geht es um den
sogenannten „zweiten Ergänzungssatz“ zum Reziprozitätsgesetz für einen
Primzahlexpoenten . Wahrscheinlich hatte sich dieses Thema im Anschluss an
den Hasseschen Kolloquiumsvortrag über Reziprozitätsgesetze ergeben. Es wäre
daher wünschenswert, wenn wir genaueres über den Inhalt dieses Vortrages
wüssten. Worüber hatte Hasse im einzelnen gesprochen? Hasse hat seine
Kolloquiumsvorträge stets sorgfältig vorbereitet; wir haben dazu viele
Manuskripte im Nachlass gefunden. Aber leider fand sich darunter kein
Manuskript zu seinem Hamburger Vortrag am 1.3.1923. So sind wir darauf
angewiesen, aus den Hasseschen Publikationen dieser Zeit das Vortragsthema zu
rekonstruieren.