Inhalt:
Idealbeziehungen zwischen einer Maximalordnung einer einfachen Algebra und der
Hauptordnung eines maximalen Teilkörpers.
21.7.32
Sehr geehrter Herr Hasse!
Ich kenne tatsächlich Ihren Beweis für die Idealbeziehungen1) nicht, und Sie kennen meinen nicht (den ich mir erst überlegt habe, als ich von Ihrem hörte, in Bad Elster2); aber als einfache Anwendung von Struktursätzen, die ich lange hatte). Ich schlage vor, daß wir beide Beweise, also im ganzen drei, in je einer kurzen Note publizieren, wohl am besten in der (nebenbei alphabetischen) Reihenfolge Chevalley, Hasse, Noether. Denn Chevalley hat etwas mehr; und Ihr Beweis war früher als meiner.3) Mich interessierte anfangs nur die Struktur der Maximalordnungen bei zerfallenden verschränkten Produkten, was zu kennen oft bequem ist. Ich wollte das eigentlich für die Herbrand-Schrift nehmen; kann aber da gerade so gut z.B. Idealdifferentiation nehmen. Ich schicke Ihnen also in den nächsten Tagen diese kleine Note, und bekomme dann wohl Ihre zum Ausgleich. Ich wollte ursprünglich den Hauptgeschlechtssatz mit diesen Methoden beweisen; ich halte das auch jetzt noch nicht für ausgeschlossen; denn es scheint mir, daß der Hauptgeschlechtssatz viel elementarer ist als der jetzt zugrunde liegende Satz über zerfallende Algebren insofern als er wesentlich von Idealklassen, nicht von Divisoren oder Elementen handelt.
(Grunwald 107 statt 106 haben Sie doch bemerkt und korrigiert4)
Beste Grüße, Ihre Emmy Noether.
1Es geht um die Beziehungen zwischen den Idealen einer Maximalordnung eines zentralen Schiefkörpers D|K (wobei K ein Zahlkörper oder ein lokaler Körper ist) mit den Idealen der Maximalordnung eines maximalen kommutativen Teilkörpers L D.
2In Bad Elster hatte die Jahrestagung der DMV im September 1931 stattgefunden.
3Von den drei in Rede stehenden Noten sind schließlich zwei, nämlich Has:1934a und Noether Noe:1934 in der Ausgabe zum Gedenken an Jacques Herbrand in den Actualités scient. et industr. erschienen, während Chevalley seine Note Che:1934 in den Hamburger Abhandlungen publiziert hat.
4Dies betrifft die Korrektur der Annalen-Arbeit Has:1933 zum 50. Geburtstag von Emmy Noether. Da Noether als inoffizielle Annalen-Herausgeberin wirkte, so hat sie offenbar auch die Korrekturbogen erhalten. Nun erkundigt sie sich, ob ein von ihr bemerkter Druckfehler auch korrigiert wurde. Die Dissertation von Grunwald ist in Band 107 der Mathematischen Annalen Gru:1932 erschienen, und so ist sie bei Hasse jetzt auch richtig zitiert. Wie es scheint, stand vorher dort 106. - Wilhelm Grunwald war ein Doktorand von Hasse. Sein Name wurde weithin bekannt durch den “Satz von Grunwald-Wang”, der in der Klassenkörpertheorie und der Theorie der Algebren eine Rolle spielt. Wan:1948 entdeckte in dem bei Gru:1933 aufgestellten und bei Hasse zitierten Satz einen Fehler, der in Wan:1950 und Has:1950b korrigiert wurde. Vgl. Anmerkung 2 zum Brief * vom 22. 11. 31.